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Drei Fragen an: Dr. André Sander

Wie können KI-Anwendungen die Codierung in deutschen Krankenhäusern verbessern?

Das kann auf vielfältige Weise passieren! Zum einen können KI-basierte Codierlösungen den Codierungsprozess vereinfachen und effizienter gestalten. Durch die Analyse von Patientenakten können KI-Systeme nicht nur explizite Belegstellen identifizieren, sondern auch implizite Hinweise wie Medikationen (z.B. im Sinne einer Indikation) oder Laborwerte (um daraus Zustandsdiagnosen abzuleiten).
Zum anderen können KI basierte Lösungen aber auch statistische Verfahren integrieren und damit gezielter nach möglichen Potenzialen suchen. Das funktioniert so, dass auf Basis von statistisch häufigen „Diagnoseprofilen“ nach eben jenen Diagnosen oder Hinweisen darauf gesucht wird. Wenn beispielsweise ein Patient vorliegt, bei dessen Profil typischerweise ein Aszites vorliegt, dann kann die KI gezielt nach Hinweisen darauf suchen und die passende Codierung vorschlagen und belegen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass KI dazu beiträgt, dass die Dokumentationsqualität besser und die Abrechnung sicherer wird.

Welche Vorteile haben regelbasierte Systeme bei der Codierung im Vergleich zum maschinellen Lernen?

Solche Systeme haben tatsächlich einige Vorteile gegenüber maschinellem Lernen. Sie werden zum Einen von Experten angelernt, das eingeflossene Wissen ist also äußerst hochwertig. Zum Anderen sind diese Systeme Terminologie basiert, woraus sich insbesondere in der Vollständigkeit große Vorteile ergeben. Beispielsweise kann die Erkennung von bakteriellen Erregern auf speziellen dafür geschaffenen Terminologien implementiert werden. Damit lassen sich ohne große Trainingsdaten alle ca. 80.000 bekannten Bakterien in die KI integrieren. Wir sind damit also in der Lage Expertenwissen einfach zu verknüpfen.
Ein Vorteil von regelbasierten Systemen ist auch ihre Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Da die Regeln im Voraus festgelegt sind, können die Ergebnisse der Codierung leicht überprüft und erklärt werden. Dies ist besonders wichtig im medizinischen Bereich, da genaue und nachvollziehbare Codierungen für die korrekte Abrechnung und Behandlung von Patienten entscheidend sind.
Ein weiterer Vorteil von regelbasierten Systemen ist die selektive Anpassungsfähigkeit. Einzelne Regeln können jederzeit und mit äußerst geringem Aufwand aktualisiert und angepasst werden, um neuen medizinischen Erkenntnissen und Richtlinien gerecht zu werden. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Verbesserung der Codierungsgenauigkeit und -qualität.
Im Vergleich dazu basieren maschinelle Lernsysteme (ML) auf der Analyse großer Datenmengen und dem Erlernen von Mustern. Je häufiger ein Muster auftritt, desto sicherer kann es erkannt werden. Regelbasierte Systeme haben typischerweise einen Vorteil in der Sensitivität, sie können auch sehr seltene Konstellationen sicher entdecken, dagegen haben ML Systeme meist sehr gute Trefferquoten. Damit eignen sich solche Systeme insbesondere für die (Teil-)Automatisierung.
Letztendlich können sowohl regelbasierte Systeme als auch maschinelles Lernen in der Codierung eingesetzt werden, um die Genauigkeit und Effizienz zu verbessern. Unsere Aufgabe besteht darin, die Ansätze sinnvoll miteinander zu kombinieren und nicht gegeneinander. Am Ende zählt das Ergebnis und die Zufriedenheit unserer Kunden.

Kann die Nutzung von KI in der medizinischen Dokumentation auch zu einer Steigerung der Erlössicherheit führen?

Ja, insbesondere durch die Analyse der vollständigen Patientenakten können KI-Systeme eben auch Zusammenhänge zwischen Diagnosen, Prozeduren, Medikationen und Laborwerten identifizieren und die Codierung entsprechend belegen. Dadurch können mögliche Erlöse, die aufgrund unvollständiger oder fehlerhafter Codierung verloren gehen könnten, besser erkannt und realisiert werden.
Darüber hinaus können KI-basierte Codierlösungen den Dokumentationsprozess verkürzen und effizienter gestalten. Gerade eine Teilautomatisierung ermöglicht es, aufwändigen bzw. kostenintensiven Fällen mehr Aufmerksamkeit zu geben. Das führt in Summe eben zu einer vollständigen und vor allem sicheren Codierung.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Nutzung von KI in der medizinischen Dokumentation sorgfältig und regelkonform erfolgen muss. Die Qualitätssicherung und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sind entscheidende Faktoren, wenn KI erfolgreich eingesetzt werden soll. Dazu zählt unserer Meinung übrigens auch, dass durch den fallbegleitenden Charakter der modernen Codierlösungen, ein Einfluss der Dokumentation auf die Behandlung gegeben ist und damit müssen solche Lösungen Medizinprodukte sein.